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Die Zeit vergeht!

Es war schön…sehr schön. Ich habe viel Zeit mit meiner Familie verbringen können. Wir haben gespielt, getobt, gelacht. Oft erinnre ich mich an die Schmerzen in meinem ganzen Körper. Wenn ich dann mit meinen Eltern über die Zeit im Krankenhaus unterhalte, merke ich, wie vor allem Papa ganz traurig wird. Wir schwören uns da immer darauf ein, dass wir das nie mehr erleben müssen.

Auch mein Bruder hat einmal angefangen zu weinen, als ich über die Zeit auf der Intensivstation gesprochen habe. Ich habe sofort gemerkt, dass er ganz komisch wird und habe ihm gesagt, dass es nicht so schlimm war.

Immer wenn meine Mama oder Papa das Haus verlassen, sage ich Ihnen, dass ich Sie liebe und winke.

Ich wache jede Nacht auf und schaue, ob Mama noch da ist. Ich kuschle mich dann ganz fest an Sie ran. Mein Bruder ruft auch nachts nach Papa oder Mama, weil er Sie auch braucht.

Meine Kindergarten Gruppe hat mich besucht 🙂

 

Wenn wir draußen andere treffen, sehen Sie mich und freuen sich das ich lebensfroh und munter bin. Ich lache, renne schon wieder und fahre auch Fahrrad wie ein Blitz. Wenn mich jemand frägt wie es mir geht, weiß ich oft nicht was ich sagen soll. Meine Eltern übernehmen dann oft und sagen, es ginge mir soweit gut und ich erhole mich. Auch wenn ich weiß, das sie sich große Sorgen machen. Ich selber merk auch, dass ich noch schwach bin. Mein Papa trägt mich oft wenn ich nicht mehr kann. Früher bin ich viel schneller, weiter gelaufen und höher gesprungen. Letztens haben mich meine Kindergartenfreunde besucht. Ich habe mich auch sehr gefreut aber es war auch echt komisch, ich schäme mich und möchte eigentlich nicht das man mich so schwach sieht. Aus Sorge vor allen möglichen Krankheiten gehe ich immer, wenn mir jemand zu nahe kommt, einen Schritt zurück.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie schlimm es war, wenn ein Infekt Tage langes Fieber und schmerzen bedeutete und ich danach extrem schwach war.

Seit ein paar Wochen kann ich mir Dinge nicht mehr so gut merken. Ich weiß nicht mehr, wie etwas heißt oder spreche es falsch aus. Die Ärztin sagte zu uns in der letzten Untersuchung, das seien die Spätfolgen der 7 Gehirnwasserchemos, welche ich über das halbe Jahr der intensiv stationären Chemotherapie erhalten habe. Na ja ich denke es wird bestimmt wieder besser und auch die anderen möglichen Folge und Spätschäden der Chemotherapie lasse ich aus.

Bei meiner letzten großen Untersuchung im Uniklinikum Augsburg habe Sie extrem lange mich mit dem Ultraschall untersucht. Gott sei Dank wurde nichts gefunden. Diese Sorge soll wohl erst nach 5 Jahren halbwegs abnehmen. In dieser Zeit ist die Gefahr am größten, dass der Krebs wieder kommt. Ebenso wurde uns mitgeteilt, das wie zu erwarten war mein Impfstatus durch die intensiv Chemo so aus sieht, das alles neu geimpft werden muss. Im Dezember werden wir also, wenn alles gut aussieht, mit den ersten Mumps, Masern, Röteln Impfungen usw. anfangen.

Bald wird mein Bruder 8 Jahre alt. Wir sprechen seit Wochen darüber, wie er seinen Geburtstag feiern möchte. Er meinte, dass er keine Freunde hätte und gar nicht feiern will.

Liegt wohl auch daran, das wir uns seit meinem Schicksal zurückgezogen haben und dann seit Corona im eigenen Lockdown sitzen. Wir grenzen uns selber ab und aus und andere tun dies uns gegenüber aus Sorge genauso. Echt mies für uns alle. Ich bin auch sehr traurig, dass ich meine Freunde nicht sehen kann. Für meinen Bruder scheint es aber viel schlimmer zu sein.

Ich sage auch ganz oft zu meinem Bruder, dass ich ihn liebe, nur wenn wir uns nicht gerade streiten. Ich habe ihm schon einen Brief zu seinem Geburtstag geschrieben ok eher gemalt. Ich habe mit Mama ausgemacht, dass ich etwas für ihn besorgen möchte und Sie hilft mir dabei. 

Wir gehen sonst viel raus und spazieren. Ich habe ein paar Fotos von uns in meinem Foto Tagebuch. Da seht ihr auch, dass meine Haare schon wieder gut gewachsen sind. Die sind jetzt übrigens total anders, ganz fein und weich. Mein Papa sagt immer wie ein Plüschtier nur zum knuddeln.

Ich habe auch schon wieder etwas beim Fußball Training mit gemacht. Abseits meines Teams natürlich und nur mit Papa und meinem Bruder! War toll wieder etwas dabei sein zu können.

Da wir ja mit Kontakten zu Menschen ziemlich eingeschränkt waren und auch noch weiterhin sein werden, hat mein Bruder vor eine paar Wochen angefangen, sich mit einem Pferd namens Askan zu befreunden und Zeit mit ihm zu verbringen. Man merkt richtig, wie gut ihm das tut sich zu kümmern, mal raus zu kommen und neue Erfahrungen zu sammeln. Ich bin auch oft dabei, wenn er sich mit Askan beschäftigt. Ich durfte aber bis vor kurzem nicht in Kontakt mit Tieren kommen. Mittlerweile geht es aber mit Vorsicht. So ein Pferd ist schon beeindruckend. Karin und Andy vom Pferdeoffenstall in Kaufering zeigen uns alles und nehmen sich Zeit für Jeanero.

Mein Bruder und Askan das Pferd

Jetzt kommt schon das schlechte Wetter. Wir gehen trotzdem viel raus. Ich liebe den Wald und Luft dort. Ich sammle jede Menge Wurzeln und Steine.

 

Zu Sankt Martin haben wir unsere alten Laternen hergerichtet. Meine Kindergartengruppe hat mir eine tolle Laterne gebastelt, welche ich natürlich getragen habe. Wir sind die alten Wege des letzten Jahres leider allein gelaufen! Ich habe mich erinnert und es war sehr schön. Als wir am Kindergarten vorbei gekommen sind, haben wir kurz innegehalten und ihnen dort bei Ihrem Sankt Martinsfest zugeschaut.

Zu Sankt Martin sogar mit Pferd, sind meine Freunde aus dem Kindergarten, zu Besuch gekommen sowie einer für mich gebastelten Laterne

Mein Papa hat uns ganz viel Leuchten und Reflektoren für unsere Fahrräder besorgt und angebaut. Wir fahren gerne am abends da leuchtet es so wundervoll und wir waren auch schon im Wald auf einer Nachtfahrt.

Ich habe was für meinen Bruder zu seinem Geburtstag  besorgt und verpacke es gerade. Wie findet Ihr meine Karte…die 2 Füchse sind mein Bruder und ich.